Karteln ist ein lustvoller Zeitvertreib. Schafkopf und Watten sind hierzulande zweifellos die bekanntesten und beliebtesten Spiele. Viele Spielgruppen treffen sich über Jahre hinweg in fester Konstellation. Gespielt wird dabei meist zu viert. Spielvarianten mit einer abweichenden Zahl an Spielern sind aber möglich.

Im Unterschied zum Watten, das nur Zweierteams kennt, gibt es beim Schafkopf verschiedene Formen des Einzelspiels (Solo, Wenz, Wenz-Tout usw.). Dann misst sich ein Spieler mit allen anderen. Beim sogenannten Ramsch spielen wiederum alle gegeneinander. Zudem klärt sich beim variantenreichen Schafkopf erst zu Beginn – nach dem „Ruf“ des Spielmachers –, wer mit wem zusammenspielt. Die Teams beim Watten stehen dagegen von Anfang an fest.

Die Unterschiede zwischen den Spielen zeigen sich insbesondere auch bei der Kommunikation während des Spielverlaufs. Beim Schafkopfen ist es sträflich verboten, durch eine Andeutung eine Information zu geben oder an eine des Mitspielers zu gelangen. Fliegt ein solcher Betrugsversuch auf, wird sofort „zamgworfn“ und der Ertappte muss die Runde zahlen. Ganz anders sieht es beim Watten aus: Das Andeuten macht hier erst den eigentlichen Witz des Spiels aus. Vom Spitzen der Lippen, über blinzeln bis hin zum Zucken mit der Schulter gibt es eine Vielzahl von Geheimzeichen. Diese nutzt man, um sich mit dem Partner auszutauschen, möglichst ohne dass das gegnerische Team mitbekommt, was „odeit“ wird. Um die Beteiligten in die Irre zu führen, kann ein Spieler auch Karten andeuten, die er gar nicht hat. Dann blufft er wie beim Poker oder dem französischen Truc. Je nachdem wie geschickt odeit wird, wissen beide Teams mehr oder weniger über das Blatt der Gegner Bescheid. Wer sich dabei allerdings ungeschickt anstellt, verunsichert auch seinen Spielpartner. Um es mit den Worten des Oberpfälzer Schriftstellers Eugen Oker zu sagen: Watten ist „eine deftige, hinterfotzige Pantomime, eine Komödie im Sitzen mit tragischen Akzenten“. Erlernt werden kann es ihm zufolge nicht; einzig das „bayrisch Herz“ befähigt zum Spielen. In jedem Fall sind beide Spiele unbestreitbar tief in der bayerischen Kultur verwurzelt. Außerdem bieten sie denjenigen Freizeitvergnügen, die Freude an Logik und Konzentration haben oder das Vortäuschen und Interpretieren zu nutzen wissen.

Viele Jahrhunderte hindurch wurde das Kartenspiel von der Kirche als „Gebetbuch des Teufels“ geschmäht. Heutzutage bewertet man ganz anders. Erst vor wenigen Wochen hat sich der Verband der Lehrkräfte an Gymnasien und der Philologenverband sogar für das Schafkopfen im Unterricht ausgesprochen, eben weil es auf Logik aufbaut und konzentrationsfördernd ist. Watten musste dagegen um seine Existenzberechtigung fürchten. Da nicht alle Karten zu Beginn ausgegeben werden wie beim Schafkopf, wurde das Watten im letzten Jahr zum illegalen Glücksspiel erklärt. Diesen Bann hat der bayerische Innenminister aufgehoben, in der Auffassung, dass hier überzogen wurde, und Karteln bewahrenswertes Kulturgut darstellt.

 

LS