Während ihre Familienmitglieder Berg- und Feldulme seit über hundert Jahren vom sogenannten „Ulmensterben“ – einem Kollateralschaden durch Ulmensplintkäfer und einen durch den weltweiten Holzhandel verschleppten Pilz – betroffen sind, ist die Flatterulme deutlich widerstandsfähiger und weitestgehend immun gegen die Krankheit. Dennoch steht die Baumart auf der Roten Liste der bedrohten Arten, da ihre Lebensräume – Flussauen und feuchte Standorte – in den vergangenen Jahrhunderten schrumpften. Deshalb verwundert es nicht, dass die Flatterulme 2019 zum „Baum des Jahres“ gekürt wurde.

Zahlreiche Tierarten leben auf Ulmen, einige wie der Ulmen-Zipfelfalter sogar ausschließlich. Manche, wie der Ulmenblattfloh, ein Verwandter der Blattläuse und Zikaden, kommen sogar nur auf der Flatterulme vor. Dort ist dieses kleine Insekt ein wichtiger Honigtau-Produzent, was in Zeiten des Bienensterbens durchaus ein wichtiger Faktor ist. Allgemein ist die Flatterulme eine regelrechte „Arche“ für alle auf Ulmen angewiesenen Tierarten.

Heutzutage schätzt man die Flatterulme, weil sie mit ihren bis zu 40 Metern Wuchshöhe, 400 Jahren Lebenserwartung und ihrer extremen Zähigkeit gegenüber widrigen Bedingungen viele wertvolle Verwendungsmöglichkeiten als Stadtbaum, Wasserwirtschafts- und Landschaftsgehölz und als Forstbaum, der ein vielseitig nutzbares Nutzholz liefert, hat.

Das Hauptverbreitungsgebiet der Flatterulme liegt im kontinentalen Osteuropa und in den neuen Bundesländern, erstreckt sich aber auch bis Nordfinnland, Spanien und Italien. Am ehesten ist noch in größeren Flusstälern anzutreffen, wo sie mit ihren charakteristischen Brettwurzeln wechselnde Wasserstände und Hochwasserfluten bis zu 200 Tage gut abfedern kann. Auch für die natürliche Verjüngung über die zahlreichen, mit Flügeln versehenen Samen ist sie auf Hochwässer angewiesen. In Bayern ist die Flatterulme insgesamt relativ weit verbreitet, aber nur in wenigen Regionen kommt sie häufig vor. Besonders in den Donauauen sowie in den Bach- und Sumpfwäldern Frankens tritt sie regelmäßig auf. An Iller, Lech, Isar und Inn finden sich immer wieder Flatterulmen in sehr naturnahen Beständen. Obwohl sie frosthart ist, ist sie in Bayern kaum höher als auf 600 Metern anzutreffen, in Ostbayern sogar nur bis rund 360 Meter.

Die Flatterulme ist auch ein sehr robuster Stadtbaum. Dennoch findet man sie z. B. in Landshut nur noch sehr selten, unter anderem in einem ca. 170 Jahre alten Alleebestand auf der Ringelstecherwiese, in der Oberen Aue, am Fuß der Isarhangleite in Schönbrunn, auf den Böschungen der Flutmulde, sowie im Bahnhofswald und auf dem eigentlichen Gelände des Hauptbahnhofs. In Pfarrkirchen ist beispielsweise eine beachtliche Flatterulme vor dem Bahnhof zu bewundern.

Für das Landschaftsbild können Flatterulmen gestalterisch sehr wertvoll sein. Ihre zähe Natur trägt dazu bei, dass die Bäume alt werden. Die dekorativen Brettwurzeln, das kanariengelbe Herbstlaub und die namensgebenden Blüten machen sie unverwechselbar. Sie trägt ihren Namen wegen der lang gestielten Blüten und Früchte, die erst ab einem Alter von 20 bis 30 Jahren auftreten und im Wind flattern. Sie erscheinen bereits im Februar vor dem Laubaustrieb in großer Fülle. Die Blätter sind an der Basis besonders asymmetrisch und die Blattadern meist nicht verzweigt – sichere Unterscheidungsmerkmale zu Berg- und Feldulme.

Über 50 Exemplare der Flatterulme, deren Stämme zum Teil mehr als einen Meter dick sind, kann man auf der Landshuter Ringelstecherwiese bewundern. Weil dieser Bestand so bemerkenswert ist, findet in diesem Jahr die bayernweite Fachtagung zum „Baum des Jahres“ in Landshut statt: am 18. Juli im Bernlochnersaal, mit anschließender Exkursion in die Isaraue; ausgerichtet von Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Bayerischer Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft und dem Naturwissenschaftlichen Verein Landshut. Am 13. April lädt der Naturwissenschaftliche Verein Landshut (NVL) alle Naturinteressierten zu einem Auenspaziergang ein und stellt alles Wissenswerte rund um diese Baumart vor.

HW
(Foto: Dr. Stephan Müller-Kröhling)