Die Vision, zwei Meere über eine durchgehende Wasserstraße miteinander zu verbinden, führte im 19. Jahrhundert zum Bau des Ludwig-Donau-Main-Kanals. Neben Bamberg markiert der Hafen der alten wittelsbachischen Herzogsstadt Kelheim eines der beiden Einfahrtstore. Der Ludwigskanal, benannt nach seinem königlichen Initiator Ludwig I., ist längst still gelegt. Mit seinen Schleusen und Schleusenwärterhäusern, Brücken und Dämmen ist er heute als Kultur- und Landschaftsdenkmal, das sich über 173 Kilometer hinzieht, von besonderem Reiz.

Der Ludwigskanal stellte die Verbindung zwischen Main und Donau her. Mit diesem Großbauprojekt konnte die europäische Wasserscheide zwischen den Flusssystemen Rhein/Main und Donau überwunden und eine geschlossene schiffbare Flussstrecke zwischen der Nordsee und dem Schwarzen Meer geschaffen werden. Damit war der Nordwesten Europas mit Südosteuropa verbunden.

In Zeiten, in denen der Transport größerer Warenmengen auf dem Landweg ausschließlich mit Pferdefuhrwerken möglich war, verhieß die höhere Ladekapazität von Flussschiffen wirtschaftlichen Fortschritt. Doch angesichts der sich abzeichnenden Konkurrenz durch die Eisenbahn war es wohl weniger der wirtschaftliche Nutzen, der beim Bau des Ludwigskanals im Vordergrund stand. Denn schon bei Baubeginn zeichnete sich eines ab: Das seit 1835 in Bayern entstehende, verzweigte Schienennetz und die damit einherschreitende Geschwindigkeit des Güter- und Personenverkehrs würden dem Kanal langfristig keine Chance lassen. Umso mehr offenbarte sich darin ein politisches und kulturelles Projekt, dessen Realisierung eine technische und bauliche Meisterleistung darstellte. Seit Karl dem Großen steckte europäisches Denken dahinter: Die Verbindung beider Flusssysteme sollte ein einheitliches Herrschaftsgebiet symbolisieren.

Den langen Vorplanungen folgte 1836 der Baubeginn. Die Kanaltrasse verlief von Bamberg bis Nürnberg durch das Tal der Pegnitz, führte weiter durch das Schwarzachtal über Neumarkt, von dort über die südlich davon gelegene Wasserscheide hinweg durch das Sulztal und mündete bei Dietfurt in die Altmühl. Den südlichsten Streckenpunkt bildete der Kelheimer Hafen, der von der Altmühlmündung abzweigte und nur noch durch eine Schleuse von der Donau getrennt war.

Am 6. Mai 1843 fuhr das erste Schiff von Bamberg nach Nürnberg. 1846 war der 173 Kilometer lange, 15,8 Meter breite und 1,46 Meter tiefe Stillwasserkanal mit 100 Schleusen und zehn Brückenkanälen von Bamberg (Schleuse 100) bis Kelheim (Schleuse 1) nach einer Bauzeit von nur zehn Jahren in voller Länge befahrbar. Der 100 „Schiffstreppen“ bedurfte es, um von 230 Meter über dem Meer in Bamberg auf die 417 Meter hohe Voralb zu gelangen und bei Kelheim die Donau auf 338 Meter zu erreichen.

Von Kelheim bis Bamberg benötigte man ca. fünf Tage. Transportiert wurden vor allem Baumaterialien, Holz aus dem Bayerischen Wald und Steine für die Bauten entlang des Kanals, sowie Kohle und Agrarprodukte. Die Schiffe mit 120 Tonnen Ladekapazität waren bis zu 21 Meter lang, knapp 5 Meter breit und hatten einen Tiefgang von 1,17 Meter.
Bis zur Jahrhundertwende wurde getreidelt: Jeweils ein Pferd zog ein behäbiges Kanalschiff. Die Altmühl aufwärts benötigte man zwei Pferde pro Schiff. Die Erfindung der Schiffsschraube löste die Treidelpferde und ihre Führer ab.

Jedoch wurde die Flussschifffahrt aufgrund des Ausbaus des Schienennetzes zunehmend unrentabel. Damit schritt der langsame Verfall des Kanals einher.

Allerdings schmälerte sein wirtschaftlicher Bedeutungsverlust nicht seine Beliebtheit bei der Bevölkerung. Insbesondere in Nürnberg und Fürth erfreuten sich in der Zwischenkriegszeit romantische Kanalfahrten und die sogenannten Schlagrahmdampferfahrten großer Beliebtheit. Ferner gab es Schwimm- und Kanalfeste, im Winter trafen sich die Schlittschuhläufer, Eisstockschützen und Eishockeyspieler. Der Kanal war ein Ort der Geselligkeit. 1950 erfolgte seine endgültige Stilllegung als Schifffahrtsstraße. Seither schafft die Symbiose von historischer Technik und Natur ihre eigene Idylle. Während dem Bau des 1992 eröffneten Main-Donau-Kanals und dem Frankenschnellweg weite Teile des Ludwigskanals geopfert wurden, stehen die erhaltenen Streckenabschnitte samt der dazugehörigen Bauwerke heute unter Denkmalschutz. Die Wander- und Radwege entlang des alten Kanals, gesäumt von kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten, bieten touristische Abwechslung, Naturgenuss und Erholung.

MS