Derzeit schlägt die Diskussion um das sogenannte Donau-Lied, besser bekannt durch seine Ansingzeile „Einst ging ich am Ufer der Donau entlang“, hohe Wellen. Man kann es von pubertierenden Pennälern, kasernierten Soldaten und angetrunkenen Bierzeltbesuchern hören. Dort wird es aber sonderbarerweise nicht nur von Männern gegrölt. Die ausgelassene Stimmung lässt Bedenken fallen oder erst gar nicht aufkommen, sodass auch Frauen in dieses Lied einstimmen, das ganz offensichtlich einen Vergewaltigungsakt besingt, nach dessen Vollzug sich der Täter aus dem Staub macht.

Die Ursprungsfassung stammt aus den 1830er-Jahren; sie ist harmlos-sentimental und handelt lediglich von einer verlassenen Liebe. Die derzeit diskutierte Donau-Liedvariante ist eine von mehreren Umdichtungen. Sie dürfte in den Kasernen des Ersten Weltkriegs entstanden sein.

Heutzutage, im freien Spiel der Kräfte, lässt sich ein Lied, und sei es noch so geschmacklos, nicht einfach verbieten. Zensur gibt es keine. Es gilt abzuwarten, was die initiierte Online-Petition bewirkt, wonach das Donau-Lied nicht mehr in Festzelten erklingen soll. Wie wird unsere Gesellschaft nach der Thematisierung der Geschichte damit umgehen?

Tatsache bleibt, dass eine Vergewaltigung, wenn auch nur eine fiktive wie im besagten Lied, nicht zu beschönigen ist. Und die Berufung auf „Volkslied- oder Traditionspflege“ ist abwegig.

Aus heutiger Sicht gibt es etliche Lieder, deren Pflege sich verbietet, weil sie zum Beispiel frauenfeindlich, politisch nicht korrekt oder schlichtweg überholt und altbacken sind. Unsere Gesellschaft wandelt sich eben, und mit ihr Ansichten, Verhaltensweisen, Moden, Bräuche und vieles mehr.

In einem bayerischen Ehestandslied mit dem Titel „Wenn i amoi heirat“ schildert der angehende Hochzeiter in fünf Strophen, wie er sich seine Traumfrau vorstellt: wohlhabend, sparsam, fügsam, fleißig und stets willig (4. Str.). Die zweite Strophe lautet:

„An Kaffee wenn‘s ma trinkat,
i schlagat’s maustot,
dafür kann’s ja essen
a schwarz Stückl Brot.
Den Zucker vernaschen,
s‘ Geld stehl’n aus da Tasch’n.
A so wenn sie’s machat mei Wei,
i jagat ‘s davo, und des glei.“

Der Typ Mann, der fiktiv aus diesem Lied spricht, erweist sich als autoritär, ausbeuterisch und gewalttätig. Vielleicht wird es diesen Typus immer geben. Aber sollte man deswegen derartige Geschlechter-Rollenbilder auch noch in Liedern bedienen? Und muss man wirklich darüber diskutieren, ob solche Lieder noch zeitgemäß sind?

Maximilian Seefelder
CC BY-NC-SA 2.0