Qualitätsbewusste Menschen schwören auf zwiegenähte Schuhe. Sie erweisen sich als haltbar. Dementsprechend lautet eine alte bairische Redensart „Zwiefach genaht halt bessa!“. Die Meisten dürften sie noch verstehen, aber sie ist kaum mehr in Gebrauch. „Zwiefach“ wird heutzutage durch „doppelt“ ersetzt. Das beobachtet nicht nur, wer sich mit Sprache beschäftigt. Dies belegt auch das DWDS, das digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, ein Projekt der Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Auf deren Homepage gibt es eine sogenannte „Wortverlaufskurve“. Sie zeigt grafisch, wie der Gebrauch des Eigenschaftsworts „zwiefach“ nach 1760 kontinuierlich abnimmt und bis zum Jahr 2000 gegen Null geht.
Seine vereinzelte Verwendung ist allenfalls in der Literatur zu finden, z. B. in Ludwig Ganghofers „Lebenslauf eines Optimisten“ („Und da bin ich nun bei diesem Professor Loher mit der zwiefachen Lehrerseele.“) oder in Thomas Manns Gesammelten Werken („Uns … hat das Glück zwiefach wohlgewollt.“).
Diesen eher schriftlichen Gebrauch bestätigt im 19. Jahrhundert schon das „Deutsche Wörterbuch“ der Brüder Jakob und Wilhelm Grimm. Über das Eigenschaftswort „zwiefach“ ist darin zu lesen: „es ist in der edleren schreibart üblicher als im gemeinen leben und aus dem alten zwie für zwey gebildet …“
Im Sprachgebrauch der Jahrtausendwende – wissenschaftlich dokumentiert z. B. in „Bairisch Deutsch“, dem Lexikon der deutschen Sprache in Altbayern“ des Mundartexperten Ludwig Zehetner – sucht man „zwiefach“ bereits vergebens. Dies offenbart abermals, dass sich Sprache ändert. Alte Worte und Redensarten kommen ab, ob es uns gefällt oder nicht. Dafür kommen neue automatisch hinzu. Ob sie uns gefallen oder nicht, aber so bleibt die Sprache im Fluss.
Was man bei Zehetner dennoch findet, ist der „Zwiefache“: der „Volkstanz mit Wechsel von geradem (2/4) und ungeradem Takt (3/4), […] eine Verquickung von Dreher und Ländler.“ Er ist nicht nur bekannt, sondern bei Volksmusikfreunden und Volkstänzern vor allem in Niederbayern und der Oberpfalz äußerst beliebt und quicklebendig in Gebrauch. 2016 wurde er sogar zum bayerischen und zum nationalen „Immateriellen Kulturerbe“ erklärt.
1780 taucht in einem Hallertauer Gerichtsprotokoll die Bezeichnung „zwyfach Danzen“ auf. Gemeint war damit allerdings nicht der Zwiefachen-Tanz mit seinen zwei unterschiedlichen Taktarten, sondern verhandelt wurde das „Tanzen zu zweit“. Im Gegensatz zum Reigen war nämlich der Paartanz bis zum Ende des 18. Jahrhunderts obrigkeitlich verboten. Das „zwie“ im Sinne von „zwei“ hat also im Zwiefachen überlebt. Apropos Zwiefacher! Erst vor wenigen Wochen hat das Kulturreferat eine neue Zwiefachenpublikation mit dem Titel „Rumpertibum, 100 Zwiefache aus Niederbayern“ herausgebracht; Preis 16 €, bestellbar unter kultur@bezirk-niederbayern.de, Tel. 0871 97512-730.
Maximilian Seefelder
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