Im uralten Schloss Drachselsried, da lebte einst, vor 400 Jahren, am Anfang des 17. Jahrhunderts ein sehr reicher Herr. Seine Untergebenen plagte er mit immer größeren Abgaben. Nach außen grüßten ihn seine Untertanen mit der ausgesuchtesten Höflichkeit: „Meine Verehrung, euer Durchlaucht.“ In ihrem Inneren aber verfluchten sie ihn auf das Schrecklichste: „Verflucht sollst du sein, du elender Geizhals!“ Das riefen sie ihm nach, wenn auch nur in Gedanken. Nun es kam, dass der 30-jährige Krieg ausbrach. Langsam, wie ein übler Geruch, drang auch das große Grauen aus dem Norden zu ihnen: Die Schweden. Die Menschen flohen Hals über Kopf. Und jene, die den Schweden in die Hände fielen, erzählten von dem unsagbaren Reichtum ihres Herren. Vielleicht, ja vielleicht ließen sie einen ja laufen und belohnten einen am Ende sogar. Da kamen die Schweden, vom Golde angelockt, eines Tages in das Schloss. Aber alle Truhen waren leer. Sie stellten das Schloss auf den Kopf. Nichts. Denn der Schlossherr hatte all sein Gold und Silber längst vergraben. Wo hatte er es vergraben? In tiefer Nacht, auf den Höhen der Frath, ganz oben auf dem Gnögel hatte er alles, was er besaß der Erde übergeben. Die Schweden fragten ihn eins ums andere Mal: „Sag, wo hast du deine Schätze vergraben? Sag es! Nein? Du willst nicht? Nun, vielleicht willst du stattdessen von unserem wohlschmeckenden Gebräu, das man den Schwedentrunk nennt, kosten? Vielleicht vermag er es ja, dir deine verstockte Zunge zu lösen?“ Aber auch im Angesicht des Todes öffnete der Schlossherr seine Lippen nicht. Und noch heute soll er an manchen Tagen in den Gemächern des Schlosses spuken. Und sein Schatz? Der liegt noch heute auf dem Gnögel vergraben. Keinem ist es bisher gelungen ihn zu heben. Der Teufel selbst bewacht ihn. So sagt man.
Das Schloss Drachselried gibt es seit dem 12. Jahrhundert. Die Grafen von Bogen haben es gebaut. In der Nähe des Schlosses gründeten sie einen Ort. Nach den Rittern von Tuschl war das Schloss im Besitz der Degenberger. 1551 schenkte Hans VI. von Degenberg seinem Pfleger Balthasar Kürmreutter das Schloss zusammen mit allen Ländereien. Der wiederum verkaufte es 1567 an Christoph Preudoffer. Und um diese Familie dreht sich die Sage. Im 18. Jahrhundert liest man das erste Mal von einer Brauerei nahe dem Schloss. Und so es ist heute noch.
Christoph Goldstein
Fotos: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/32/2014-08-01_13-05-56_Germany_Bayern_Drachselsried_Grafenried.JPG
https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Drachselsried#/media/Datei:Drachselried.PNG