Schauspielerisches Talent und Spielfreude werden den Bayern gerne nachgesagt. Deshalb finden sich in der Literatur liebgewonnene Zuschreibungen wie die nachfolgende, durch die man sich dieser scheinbar diagnostizierbaren Charaktereigenschaften vergewissert: „Die Welt – ein Schauspiel, das ist der Gedanke, der alle Jahrhunderte hindurch die künstlerischen Vorstellungen des bairischen Volkes beherrscht hat. Sich selbst und die Welt zu spielen, darauf lief alle bairische Kunst hinaus“, schrieb einst der Literaturhistoriker Josef Nadler.
Die Vorstellung vom komödiantischen Bayern mag einerseits ein Klischee sein. Nicht jede/r besitzt das Talent oder hat Lust, sich auf der Bühne zu präsentieren. Andererseits gibt es in Bayern erstaunlich viele Menschen, die regelmäßig in Rollen schlüpfen.
Warum dies so ist, lässt sich mit der langen Theaterspiel-Tradition in Bayern erklären. Ihre Anfänge sind in den religiösen Bräuchen und mittelalterlichen Volksschauspielen zu finden. Seine Blütezeit erlebte das Volksschauspiel insbesondere im Barock. Die einst zahlreichen ländlichen Spielbräuche wie Hirten-, Stuben- Weihnachts-, Paradiesspiele, Sternsingen, Prozessions- und Passionsspiele zeugen davon. Mit der aufkommenden Vereinskultur im 19. Jahrhundert verselbständigt sich das Theaterspiel. Die Spielstoffe werden weltlicher. Es sind romantischen Ritter- und Räuberdramen, denen dann um die vorletzte Jahrhundertwende Volksstücke bayerischer Prägung, Bauerndramen und ländlichen Komödien, folgen.
Diese Theater-Tradition wird in breiten Kreisen der Bevölkerung fortgeführt und gepflegt. Bayernweit sind es etwa 2.000 Laienspielgruppen, die ihr Publikum jährlich mit wenigstens einer Produktion unterhalten und damit einen kulturellen Akzent in ihrer Gemeinde setzen.
Im Bezirk Niederbayern ist man sich dieses Engagements bewusst. Deshalb können die niederbayerischen Laienschauspieler auf Unterstützung zählen. Seit 1991 gibt es hier einen Laienspielberater, der in fachlichen Fragen weiterhilft und darüber hinaus Fortbildungskurse anbietet. Ferner hält der Bezirk Niederbayern seit 1998 einen Kostüm- und Requisitenfundus für niederbayerische Laienspieler vor. Auf der Homepage „www.laienspiel-niederbayern.de“ können sich regionale Theatergruppen präsentieren und ihre Theaterproduktion bewerben.
Seit 2020 steht mit dem niederbayerischen Schauspieler und Regisseur Wastl Goller ein neuer Fachberater für Theaterfragen zur Verfügung.
Wastl Goller absolvierte 2002 ein Schauspielstudium. Ab 2014 war er Schauspiel- und Regiedozent an der Athanor Akademie für darstellende Kunst, die er seit dem vergangenen Jahr hauptberuflich leitet. Gollers künstlerische Biographie weist zahlreiche Schauspielengagements an renommierten Bühnen auf. Er kann auf viele erfolgreiche Regiearbeiten verweisen. Darüber hinaus hat er als Theaterpädagoge gearbeitet und besitzt langjährige Erfahrungen in der Laientheater-Arbeit. Dies alles sind gute Gründe, die Kompetenz des niederbayerischen Laienspielberaters zu nutzen. Auch alte Traditionen bedürfen bei Zeiten neuer Impulse.
MS