Am südlichen Ausläufer des Hienheimer Forsts, gar nicht weit entfernt vom Kloster Weltenburg, steht ein ungewöhnlich hohes Marterl; etwa drei Meter hoch. Die Nische schmückt eine Figur. Es ist der Hl. Georg, der Drachentöter. Über der Nische weist das „Eiserne Händl“, eine schmiedeeiserne Hand, in Richtung des Weilers Haderfleck, der am Waldrand liegt. Um diese eiserne Hand rankt sich eine uralte, blutige Legende:

Vor langer Zeit machte sich ein kleines Mädchen auf den Weg in die Schule. Sie musste von Haderfleck aus durch einen dunklen Wald in den nächsten Ort nach Hienheim laufen. Eines Tages versperrte ihr plötzlich ein Wolf den Weg. Zitternd vor Angst warf ihm das Mädchen ihr Pausenbrot hin und rannte weg. Am nächsten Tag war der Wolf wieder da. Und wieder gab sie ihm ihr Pausenbrot und der Wolf ließ sie vorbei. Tag für Tag. Aber einmal war das Mädchen zu spät von zu Hause losgegangen. Der Wolf wartete schon. Sie fuhr mit der Hand in die Tasche – doch da war kein Brot! Sie hatte es zu Hause vergessen! Das machte den Wolf so grimmig, dass er das Mädchen mit Haut und Haar auffraß. Nur die Hand, die ihm tagtäglich das Brot gegeben hatte, die ließ er übrig. Und noch heute erinnert daran das Marterl mit dem „Eisernen Händl“.

Das Schauermärchen vom guten Mädchen und dem bösen Wolf war früher vielleicht dazu da, Kindern Angst einzujagen. Aber eigentlich hat es gar nichts mit dem Marterl zu tun. Denn es finden sich auch in anderen Gegenden Hände, die genauso aussehen. Was steckt nun hinter diesen Händen? In diesem Fall weist die Hand auf den Hienheimer Forst. Der Wald war im Mittelalter ein Bannwald und die Hand eine Warnung für Forstfrevler. Das bedeutet: Jedem, der dort unerlaubt Holz fällt, dem wird eine Hand abgeschlagen.

Und diese drakonische Strafe war nicht ohne Grund! Die Eichen des Hienheimer Forsts waren berühmt und begehrt: Die Bäume, aus denen das Chorgestühl des Kölner Doms gemacht wurde, standen einmal im Hienheimer Forst. Zum Bau der Ingolstädter Festung wurden 1826 hunderte alte Eichen gefällt. Sogar bis nach Wien ließ man unzählige Eichen donauabwärts schwimmen, um sie dort zu verkaufen. Noch 1730 schrieb Forst- und Wildmeister Franz Schmid an den bayerischen Kurfürsten: „Die Eichen des Hienheimer Forstes sind so wenig zählbar wie die Sterne am Himmel.“ Daran erinnert heute nur noch ein kümmerlicher Rest: der etwas über zwei Hektar große Ludwigshain inmitten des Hienheimer Forsts. Wegen der uralten Eichen, die dort stehen, wurde der Ludwigshain schon 1913 zum Naturschutzgebiet erklärt. Heute ist das Waldgebiet ein Paradies für Spaziergänger.

CG
(Foto: Stadtarchiv Abensberg)