In seiner Jahrtausende andauernden kulturgeschichtlichen Entwicklung hat der Mensch unzählige technische Innovationen hervorgebracht. Das zeigen die vielen archäologischen Funde nicht zuletzt aus Niederbayern, das an Bodendenkmälern reich ist.

Die Entdeckung und kontrollierte Verwendung des Feuers, die Erfindung einfacher Werkzeuge während der Vor- und Frühzeit sowie ihre permanente Fortentwicklung danach waren nicht weniger revolutionär als die Erfindung und Anwendung des Personal Computers seit der Moderne. Letzteres mag für junge Menschen, welche mit Smartphone und Tablet aufwachsen, das Telefon mit Wählscheibe oder die mechanische Schreibmaschine nur mehr aus dem Museum kennen, bereits ewig lange zurückliegen. Doch kultur- und entwicklungsgeschichtlich betrachtet stehen wir erst am Anfang des digitalen Zeitalters mit all seinen Vorteilen und Problemen. Diese Doppelwertigkeit im Sinne von Fluch und Segen scheint vielen Neuerungen quer durch die Geschichte, und noch mehr ihrer Nutzung, innezuwohnen. Denn nicht die Erfindungen per se sind gut oder schlecht. Für deren nutzbringenden oder destruktiven Einsatz entscheiden sich vielmehr die Anwender.

Schon der Steinzeitmensch konnte sich am Feuer wärmen und zugleich damit brandschatzen. Das uralte Messer ist als Werkzeug zur Nahrungszubereitung unentbehrlich, aber ebenso wird es seit seiner Erfindung als Mordwaffe missbraucht. Die Digitalisierung beschert uns heute Kommunikationsmöglichkeiten, von denen wir einst nicht einmal geträumt hätten; gleichzeitig macht sie uns gläsern und angreifbar. Denn wo nicht nur kriminelle Hacker, sondern pubertierende Pennäler problemlos in hochkomplexe Systeme eindringen und Daten ausspionieren können, wird neben den technischen Sicherheitslücken eines offensichtlich: Die Ohnmacht, mit der wir all den möglichen Missbräuchen gegenüberstehen. Weder in seiner positiven noch negativen Energie ist der Mensch berechenbar. Einerseits beweist er sich stets aufs Neue in seiner Genialität, andererseits erweist er sich auch als beständiges Sicherheitsrisiko.

Einem anderen riskanten Phänomen, nämlich der menschlichen Fehleranfälligkeit, die beispielsweise durch Unachtsamkeit, Überforderung oder Fehleinschätzung im Straßenverkehr zu schwerwiegenden Unfällen führt, versucht man seit längerem mit der Entwicklung des autonomen Fahrens entgegenzuwirken. Dass dies irgendwann fehlerfrei funktionieren wird, mag technisch realisierbar sein. Aber es ist idealtypisch gedacht. Es wäre nämlich naiv zu glauben, kriminelle Kreativität würde nicht auch diese Entwicklung korrumpieren und den Traum vom gefahrenlosen automatisierten Fahren zerstören können.

Übrigens, ebenso wie bekannte Autokonzerne hierzulande und anderswo das Rad zur Fortbewegung nicht erfunden haben, wurde autonomes Fahren schon Jahrhunderte vorher in der agrarischen Gesellschaft erfolgreich praktiziert: Pferdegespanne fanden eigenständig ihren Weg nach Hause, wenn ihre betrunkenen oder übermüdeten Lenker auf dem Kutschbock die Zügel schleifen ließen. Mancher stürzte dabei vom Bock und brach sich das Genick. Andere fielen skrupellosen Wegelagerern zum Opfer. Die Gefahren gingen also auch im analogen Zeitalter zumeist vom Menschen selbst aus.

MS