Bis in die 1960er Jahre konnte ein Landwirt noch von ein paar Kühen und etlichen Tagwerk Grund leben. Die kleinteilige Kulturlandschaft, die die Bauern der Natur über die Jahrhunderte abgetrotzt hatten, war durchzogen von Ranken, Rainen, Hecken, Feuchtwiesen, Tümpeln und Nassflächen. Doch dann kam die Zeit des Wirtschaftswunders: die Kaufkraft der Deutschen erhöhte sich nach der Währungsreform, die Schornsteine rauchten und ein neues Zeitalter brach an: Jetzt ging es um Masse statt Klasse und schnell wachsende Erträge. Und dabei störten all die oben beschriebenen Kleinstrukturen in der Landschaft, deren Verlust der Journalist und Historiker Dieter Wieland sehr bild- und wortreich in seinen später preisgekrönten „TOPOGRAPHIEN“ im BR-Fernsehen festhielt: „Ein Kahlschlag geht durchs Land: Begradigung, Bereinigung, Erschließung, Kanalisierung, Neuordnung, Verordnung, Verödung.“
Was hat jetzt der Wiedehopf damit zu tun? Der Wiedehopf liebt Obstwiesen, Weinberge, Hecken und Gehölze. Er brütet in Baum- und Mauerspalten, in Faul- und Felshöhlen oder auch in Erdlöchern. Und davon haben wir, auch wegen der oben beschriebenen Intensivierung der Landwirtschaft, immer weniger. Das Jagdrevier des Wiedehopfs ist der Boden. Vor allem Maulwurfsgrillen – aber auch Käfer, Engerlinge und größere Schmetterlingsraupen, Spinnen, Asseln, Regenwürmer und Schnecken stehen auf dem Speiseplan. Gelegentlich verspeist er sogar Eidechsen. Die findet er in schütter bewachsenen insektenreichen kurzrasigen baumarmen Offenlandschaften mit hoher Strukturvielfalt. An unseren Monokulturen, der Überdüngung und dem hohen Pestizideinsatz aber liegt es, dass es immer weniger Insekten gibt und der Wiedehopf immer weniger zu fressen findet. Ein Schutzprogramm des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) in Bayern erforscht deshalb das Vorkommen der Maulwurfsgrille – eine der Hauptnahrungsquellen des Vogels und hofft so, mögliche Verbreitungsflächen zielgerichtet zu identifizieren, um dort Artenhilfsmaßnahmen einzuleiten. Während in der „Vogelbibel“, dem sog. Peterson aus dem Jahr 1974 noch ganz Europa als Verbreitungsgebiet angegeben ist, ist die BRD inzwischen ein weißer Fleck mit ein paar Restnestern. In Deutschland leben nur noch weniger als 1.000 Paare, in Bayern nur noch einige wenige – deshalb ist er bei uns vom Aussterben bedroht. Sein lateinischer Name Upupa epops symbolisiert lautmalerisch den typischen Ruf „Upupu“ des auffälligen heimischen Brutvogels. Die weiteren deutschen Namen „Hoppevogel“ oder „Puvogel“ greifen ebenfalls den charakteristischen Laut auf. Der attraktive Wiedehopf ist mit dem langen gebogenen Schnabel im Anschluß an die auffällige bunte Federhaube, dem schwarz-weiß gebänderten Flügeln und schwarzen Schwanzfedern mit der weißen Binde sehr gut erkennbar. Im bekannten Kinderlied von der „Vogelhochzeit“ hat der Komponist Hoffmann von Fallersleben dem Wiedehopf das bekannte Denkmal gesetzt: “Der Wiedehopf, der Wiedehopf, der bringt der Braut den Blumentopf.“ Warum auch immer – vielleicht nur um des Reimes willen. Diese lieblichen Zeilen passen so gar nicht zum Verhalten, wenn der Vogel Gefahr wittert, z.B. durch einen Greifvogel: dann sondert er ein sehr übelriechendes Sekret über seine Bürzeldrüse aus und die kleinen Nestlinge spitzen ihren Kot in Richtung des Eindringlings. Das brachte ihm auch den Namen Stinkvogel ein.
In Landshut macht sich die Ochsenau im Naturschutzgebiet ehemaliger Truppenübungsplatz derzeit Hoffnungen, neben dem Wendehals und der Heidelerche auch in absehbarer Zeit wieder ein Wiedehopfpaar begrüßen zu können – falls dies die geplante Bebauung mit einem hektargroßen Wohngebiet nicht verhindert.
Helmut Wartner
Foto: LBV Bildarchiv Rosl Roessner