„Früher war alles besser“. Immer wenn den Menschen die Welt, in der sie leben, fremd wird, ist dieser Satz nicht weit weg. Auch die Geschichte der Natur- und Heimatschutzbewegung beginnt in Deutschland mit diesem Satz. Woran sich festhalten, wohin fliehen, wenn Städte und Fabriken die Welt aufzufressen drohen? Heimat ist das Zauberwort! Damals und heute. Heimat wird dann schnell zum romantischen Naturidyll verklärt, vor allem der Bayerische Wald. Und dieses Idyll, das muss verteidigt werden, gegen das Neue und das Fremde. So steht es auch in § 1 der Satzung des 1904 gegründeten „Bund Heimatschutz“:
„Der Zweck des Bundes ist, die deutsche Heimat in ihrer natürlichen und geschichtlich gewordenen Eigenart vor Verunglimpfung zu schützen.“
Man wollte das Idyll deutsche Heimat vor den immer bedrohlicher werdenden Städten und Fabriken bewahren. Vom Idyll ist es dann nicht weit zur Ideologie, zu „Blut und Boden“ und zum „Mythos Deutscher Wald“. All das war für die Propaganda der Nationalsozialisten ein gefundenes Fressen. Die Heimat- und Naturschützer wurden Marionetten, ganz im Glauben sich redlich zu bemühen. Die Idee im Bayerischen Wald einen Nationalpark zu schaffen, war für die Nationalsozialisten gleich aus mehreren Gründen interessant; aus ideologischen, wirtschaftlichen und touristischen. Der Bayerische Wald wurde zum „Kraft durch Freude“-Paradies. Allein die Zahl der Übernachtungen in Bodenmais stieg zwischen 1933 und 1938 von ungefähr 4000 auf 38.000. Bis 1941 hat man mit Hochdruck am Projekt Nationalpark gearbeitet. Das Gebiet war fertig eingegrenzt und sogar ein Reiseführer für den künftigen Nationalpark war druckfertig. Im Strudel des sich zuspitzenden Kriegsgeschehens ist die Idee Nationalpark dann untergegangen. Erst viel später, in den 60er Jahren hat man wieder davon gesprochen. Die Jäger und Förster waren gegen einen Nationalpark und in vielen Köpfen entstanden schon Skilifte und Hotels. Aber letztendlich haben es Naturschützer, Wissenschaftler und Politiker doch geschafft, die Regierung zu überzeugen. Eigentlich ein Wunder. Das viel größere Wunder aber ist, dass es in diesem Nationalpark nicht darum geht, ein Abbild der Natur zu pflegen, so wie der Mensch sich Natur vorstellt, sondern darum, die Natur in Ruhe zu lassen. Denn die Natur kann sehr wohl ohne den Menschen. Man muss es nur geschehen lassen, auch wenn in den Augen vieler Förster umgestürzte, verwesende Bäume ein „Saustall“ sind.
Christoph Goldstein
Foto: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Nationalpark_Bayerischer_Wald_Lusen.jpg