Vor Eichen musst du weichen,
Buchen musst du suchen,
Linden musst du finden.
(uralter Reisespruch)
Auf einem Höhenzug im Südwesten Adlkofens thront die Patzinger Linde. Sie ist ungefähr vier- bis fünfhundert Jahre alt und damit einer der ältesten Bäume Niederbayerns.
Als junges Bäumchen hat sie die Reformation „erlebt“, dann den Dreißigjährigen Krieg überdauert, schließlich die Ära Napoleons, die Neuordnung Bayerns durch Montgelas und vieles, vieles mehr. Könnte so ein Baum doch nur sprechen, geht einem durch den Kopf, wenn man staunend davor steht. Und es bleibt einem auch gar nichts anderes übrig als zu staunen! Die Baumkrone ragt 17 Meter in den Himmel. Und der Stamm hat einen Umfang von über neun Metern. Um ihn ganz zu umschließen, sind sieben große Menschen nötig, die sich an den Händen fassen.
Den Germanen waren Linden heilig. Die Linde war der heilige Baum der Göttin Freya. Freya ist die Göttin der Weißsagung, der Wahrheit und des rechten Urteils. Das alles verkörperte die Linde für die Germanen. Und deswegen versammelte man sich auch noch viel später unter Linden um zu feiern, Gottesdienste abzuhalten, zu beten, zu tanzen und Recht zu sprechen. Noch gab es keine riesigen Justizpaläste und Rathäuser. Also traf man sich unter freiem Himmel. Manche Urteile aus dieser Zeit, die uns als Dokumente erhalten sind, enden mit den Worten „gegeben unter der Linde“. Anders als die Eiche, die als Symbol dem Adel vorbehalten war, galt die Linde immer schon als Baum des Volkes, der Liebe, der Freiheit, der Geselligkeit und des Festes. Nicht umsonst heißen noch heute viele alte Wirtshäuser „zur Linde“.
Wahrscheinlich war die Patzinger Linde kein Gerichtsbaum, sondern ein Richtbaum, ein weithin sichtbarer Wegweiser für Wanderern und Fuhrleute. Immer standen solche frühen Wegweiser an Punkten, die weithin sichtbar sind. Und so ist es auch mit der Patzinger Linde.
Seit dem Jahr 1937 wird die Patzinger Linde als Naturdenkmal geführt (Amts-Blatt für das Bezirksamt Landshut, 6. November 1937). Kurz darauf von einem Blitz getroffen, hat man ihn 1957 saniert. In den 1980er Jahren war der Baum von Dürre und Fäulnis stark angegriffen. 1985 wurde er dann nochmal saniert. Seitdem steht Patzinger Linde immer noch an ihrem Platz unbeeindruckt von all dem, was rund herum um sie passiert. Wenn die Menschen sie nicht vergessen und sich etwas um sie kümmern, steht sie dort vielleicht noch weitere 500 Jahre.
Christoph Goldstein
Foto: Rainer Lippert (https://www.monumentale-eichen.de/)