Ab 9. Juni ist es wieder soweit: Das KULTURmobil, das fahrende Profitheater des Bezirks, gastiert in 30 Gemeinden Niederbayerns. Der Theater-LKW rollt in diesem Jahr zum 21. Mal über die Land-, Kreis- und Gemeindestraßen. Er klappt seine Bühne auf Dorf- und Marktplätzen, in Burgruinen und an anderen idyllischen Plätzen auf.

Thespiswagen wird eine fahrende Theaterbühne mancherorts genannt. Thespis war im 6. Jahrhundert vor Christus einer der ersten griechischen Tragödiendichter. Unbelegten Quellen zufolge zog er mit einer Wanderbühne auf einem Karren umher. Noch heute ist der Begriff „Carro di Tespi“ in Italien ein Synonym für Reise-Theater.

In Europa haben Wanderbühnen eine lange Tradition. So spielten beispielsweise in England zu Beginn des 16. Jahrhunderts fahrende Schauspielertruppen, die in Innenhöfen von Pubs auftraten, eine wichtige Rolle. Die ersten Theaterbauten in England hatten eher provisorischen Charakter und damit Ähnlichkeit mit Wanderbühnen.

In Deutschland bildeten sich im 17. Jahrhundert zahlreiche Wanderbühnen als Gegenpart zu den Hoftheatern der Fürsten. Mit dem Aufkommen der ersten Nationaltheater mit festen Schauspielerensembles verlor diese Form des Volkstheaters im 18. Jahrhundert jedoch in Deutschland allmählich wieder an Bedeutung. Auch wenn noch bis ins 19. Jahrhundert hinein Wandertruppen in deutschen Städten gastierten.

1998 schickte Bezirksheimatpfleger Dr. Maximilian Seefelder, der Initiator von KULTURmobil, beziehungsweise der Bezirk Niederbayern zum ersten Mal „seine“ professionelle Theatertruppe übers niederbayerische Land. Das Ziel war damals und ist es auch heute: Das Publikum unter freiem Himmel – oder bei Regen auch mal in Feuerwehrhäusern oder Bauhöfen – zu unterhalten. Der Wagen der Fahrenden, den früher Pferde übers Land zogen, hatte sich dabei in einen Lastwagen mit Kastenaufbau und ausklappbarer Bühne verwandelt.

KULTURmobil ist inzwischen ein viel beachtetes, einzigartiges Erfolgsprojekt regionaler Kulturarbeit: Es erreichte mit bisher 610 Gastspielen und 1.320 Vorstellungen mehr als 360.000 Zuschauer. In 160 verschiedenen niederbayerischen Gemeinden machte KULTURmobil bereits Station, und damit in rund zwei Drittel aller niederbayerischen Gemeinden. Viele Gemeinden bewerben sich jedes Jahr für die Gastspiele. Aufgrund der Vielzahl der Bewerbungen können jedoch nicht immer alle Gastspiel-Kandidaten berücksichtigen werden. Ziel ist stets, in allen neun niederbayerischen Landkreisen Gastspiele zu geben. Rund 6.000 Reisekilometer legt das Theaterensemble dabei jedes Jahr zurück.

Und warum das Ganze? „Weil anspruchsvolle, professionell dargebotene und zugleich unterhaltsame Kultur nicht nur in den Musentempeln und Städten stattfinden soll, sondern dort wo die Leut‘ leben“, so Bezirksheimatpfleger Dr. Maximilian Seefelder. Auf diese Weise kommen Menschen mit darstellender Kunst in Kontakt, die sich sonst vielleicht nicht auf den Weg ins Theater begeben würden.

KSH
Szenenfoto aus dem diesjährigen Abendstück „Tartuffe, der Scheinheilige“: Peter Litvai