Die „Adam-Anni“ betrieb in den 1950er Jahren einen Kramerladen in Grainet und schrieb all die Geschichten auf, die ihr die Kunden im Laufe der Jahre erzählten. Daraus verfasste sie Kurzgeschichten in Mundart, die nun wieder aufleben. Tochter Brigitte Hannig trägt sie bei Lesungen vor und will damit das Erbe ihrer leider viel zu früh verstorbenen Mutter bewahren. Die Freude an Kunst und Kultur ging auch ihr in Fleisch und Blut über. Brigitte Hannig hat sich als Kunstmalerin im Unteren Bayerischen Wald einen Namen gemacht und auch ihr Sohn wiederum, Annis’ Enkel Florian Hannig, ist als freiberuflicher Musiker und Maler aktiv.
Doch was ist das Besondere an den Geschichten der Adam-Anni? Da wäre zunächst einmal die Sprache. Im Dialekt hat Anna Maciejewski, geb. Göttl, all die skurrilen, witzigen und teils auch derben Geschichten, die sich auf den Höfen rund um Grainet abgespielt haben, niedergeschrieben. Darunter sind zahlreiche Wörter, die selbst eingefleischte Waidler heute kaum mehr verwenden. Weil sie tagsüber im Geschäft stand, konnte Anni ihrem Hobby nur abends nachgehen. Sie schrieb, oder besser kritzelte, ihre Texte also häufig im Liegen in kleine blaue Schulhefte. Die meisten davon haben Brigitte Hannig und ihr Mann Ruppert im Laufe der Jahre entziffert und neu niedergeschrieben. Doch ein paar Schätze schlummern noch in den blauen Heften. Und zuletzt wäre da der „Schmä“ der Adam-Anni. Sie erkannte sofort den Unterhaltungswert der ihr zugetragenen Geschichten und setzte womöglich noch die ein oder andere Pointe drauf.Heute freilich kann man sich gar nicht mehr vorstellen, dass eine frischgebackene Witwe in der Geschichte „Billige Söckl“ so wenig Geld hatte, dass sie sogar bei den Socken, mit denen sie ihren Ehemann zu Grabe tragen lassen wollte, arg sparen musste.
Was die Adam-Anni hinterlassen hat, sind kostbare Einblicke in einen Alltag, der nur wenige Jahrzehnte zurückliegt und dennoch wie aus der Welt gefallen scheint. Es sind Geschichten über die harte Arbeit auf den Höfen, von Frauen, die häufig viele „Mäuler zu stopfen“ hatten, von Buben, die ins Rottal ziehen mussten, um etwas Geld zu verdienen und dort vor lauter „Zeitlang“ nach ihrem geliebten Woid fast eingingen. Es klingt wie erfunden – doch all das war real bis allmählich der wirtschaftliche Aufschwung auch den Bayerischen Wald erfasste.
Manuela Lang
Fotos: Manuela Lang