Der Untergang der Stadt Passau: So heißt ein Fiction – Roman, erschienen 1975. Es war der größte schriftstellerische Erfolg, den Carl Amery (1922-2005), selbst ein Passauer, je verbuchen konnte. Die Handlung spielt in der 1980er Jahren. 30 Jahre später, im Hochwasser 2013, schien der Untergang der Stadt Passau Wirklichkeit geworden. Als sich die braunen Fluten verlaufen hatten, waren Opfer zu beklagen, Gott sei Dank nur Häuser, aber es waren viele kostbare Häuser dabei.
Zu diesen Opfern gehörte das ehemalige Wirtshaus „Zur Fels’n“ in der Ilzstadt. Wegen seiner Lage unmittelbar an der B 12 ist es eines der bekanntesten Gebäude der Stadt. Vor 500 Jahren zogen die Salzsäumer auf ihrem Weg von der Donau nach Böhmen dort vorbei. Den Namen „Zur Fels’n“ hat das Wirtshaus von dem mächtigen Gneisfelsen, an den es sich lehnt. Das goldene Zeitalter war das 19. Jahrhundert, als Elisabeth Weiß, die „Fels’n-Liesl“, ab 1868 dort die Wirtin war.
Hundert Jahre später, im Jahre 2012, starb die letzte Eigentümerin ohne Erben, und das Gebäude ging in den Besitz des Freistaats Bayern über. Wieder ein Jahr später stand die braune Flut im ersten Stock. Dass das Denkmal dem Freistaat gehörte, erwies sich jetzt als fatal: Interesse an einer Instandsetzung oder gar Nutzung bestand dort nicht, ebenso wenig bei der Stadt Passau.
Inzwischen hatten Bund, Land und private Spender Fluthilfemittel in Höhe von stolzen 160 Mio. Euro bereitgestellt. Alle Baudenkmäler wurden besonders großzügig gefördert, mit bis zu 80 Prozent der Instandsetzungskosten. Für das bedeutende Baudenkmal „Fels’n“ stand aber kein einziger Cent zur Verfügung, nur weil der Freistaat Bayern zum Zeitpunkt der Flut Eigentümer war: Schreibtisch-Logik und damit ein aussichtsloser Fall!
In dieser Situation taten sich im April 2016 fünzig engagierte Passauer Bürger zum gemeinnützigen Verein „Felsenfreunde Passau e. V.“ zusammen und erwarben die Flutruine für 16.000 €. Schon im Juli 2016 lag ein Instandsetzungs- und Nutzungskonzept vor. Notsicherungs- und Sofortmaßnahmen an Haupt- und Nebengebäude stoppten den weiteren Verfall. Die „Felsenfreunde“ werden im Obergeschoss des Haupthauses eine familiengerechte und bezahlbare Wohnung einrichten. Die ehemaligen Gasträume im Erdgeschoß werden ein Stadtteiltreff für die Ilzstadt und sollen für Vereins- und Familienfeiern, vor allem auch für Kulturveranstaltungen dienen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine Mio. €. erforderlich. 250.000 Euro bringen die „Felsensfreunde Passau“ und ihre Unterstützer selbst auf. Dem Rest schultern Zuwendungsgeber: Freistaat Bayern, Bezirk Niederbayern, Bayerische Landesstiftung, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bayerische Volksstiftung. Der vor sechs Jahren aussichtslose „Fels’n“-Fall hat jetzt gute Aussichten!
EJG
Bild: Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Christof Stache