In die Landshuter Fußgängerzone schleichen sich immer mehr Blumenkübel mit Grün ein, um Hunderte von Sitzplätzen für die Außengastronomie attraktiver zu machen. Sogar Amberbäume oder Oliven aus südlichen Ländern. Zum leichteren Transport sollen sie in „täuschend echten“ Plastikgefäßen wachsen und gedeihen.

Doch es mehren sich die Stimmen, die in der rasant steigenden Plastikflut der Welt ein sehr ernstes Menschheitsproblem sehen: Die Meeresbiologin Heike Vesper schreibt in ihrem Bestseller „Wenn wir die Meere retten, retten wir die Welt“ im ersten Kapitel von den erschütternden Folgen des Plastikmülls. Heribert Prantl greift das Thema in seinem Meinungs-Blog „Prantls Blick“ mit der Titel „Plastik ist die Pest der Meere“ auf und schreibt dort eingangs: „Würde der Plastikmüll in den Ozeanen leuchten – Jeff Bezos hätte ihn von oben, aus dem All, sehen können.“ Und rechnet dem Milliardär vor, dass er vom derzeitigen jährlichen Plastikaufkommen der Verpackungen aller Art in Höhe von 900 Millionen Kilogramm allein mit 211 Millionen (also fast einem Viertel!) über seine Firma Amazon beteiligt ist: „Jeff Bezos‘ Milliarden-Reichtum ist also mit einigen Millionen Tonnen Luftkissen, Folien und Schaumstoffchips gepolstert.“

Allein zwischen 1950 und 2015 wurden rund 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoff hergestellt. Das entspricht rund 1 Tonne pro Kopf der Weltbevölkerung! Und nach dem bairischen Motto „‘s Haus verliert nix“ landet ein Großteil davon im Boden oder über Bäche und Flüsse im Meer. Als Mikro- oder Makroplastik lässt es über die Nahrungskette Meeresbewohner qualvoll verenden und ist mittlerweile auch in der Antarktis oder in jedem menschlichen Körper nachweisbar. Überwiegend Einwegprodukte und Verpackungen, die Jahrhunderte vorher noch gänzlich unbekannt waren, haben sich über die letzten 70 Jahre regelrecht zur modernen Lifestyle-Pest ausgewachsen. Allein der Plastikmüllteppich im Nordpazifik soll eine Fläche von 1,6 Millionen Quadratkilometern haben – wäre also viermal so groß wie die Bundesrepublik Deutschland. Bei jedem Metzgerei- oder Konditoreibesuch geht der erste Handgriff der Verkäuferinnen und Verkäufer zur Plastikfolie – vordergründig aus Hygienegründen.

Doch wie könnte die Lösung aussehen? Wie haben sich unsere Vorfahren beholfen? Wie sahen die Vorläufer der modernen Verpackungslösungen aus? Sie haben ihre Taschen aus Leder und Leinen, ihre Krüge und Amphoren aus Ton nicht gleich wieder weggeworfen. Kleber und Dichtungen haben sie aus Birkenrinden und Harz hergestellt und im Hause Fugger wurde nach Rezepten des bayrischen Benediktinermönches Wolfgang Seidel aus Ziegenkäse transparentes Kunsthorn gefertigt; ein Vorläufer von Plastik. Es ist zu hoffen, dass im Zuge der zukunftsfähigen Kreislaufwirtschaft in Zeiten des Klimawandels in absehbarer Zeit kreativer Forschergeist gepaart mit politischem Druck und verändertem Konsumverhalten der Menschheit neue Lösungen das erdölbasierte Plastikzeitalter ablösen und in der Landshuter Altstadt eines Tages Pflanzen in ausreichend dimensionierten Baumgruben aus dem Pflaster wachsen, statt aus Plastikkübeln made in China.

Helmut Wartner
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