Die bayerische Staatsregierung hat gegen den Widerstand der Fachwelt – einer Allianz von Landesplanern, Natur- und Umweltschützern, Heimatpflegern und (Landschafts-)Architekten – ein neues Landesentwicklungsprogramm (LEP) verabschiedet, das künftig die Ansiedlung von Gewerbe im sogenannten Außenbereich ohne Anbindung an die vorhandene Bebauung deutlich erleichtert. Es droht die Versiegelung ganzer Landstriche, wenn es nicht gelingt, den hektarweisen Verlust wertvoller Äcker und unbebauter Kulturlandschaft deutlich zu drosseln und bestenfalls künftig zu vermeiden.
Aber noch immer bevorzugen es viele Gemeinden, einfach am Ortsrand neue Flächen auszuweisen, wieder eine Umgehungsstraße zur Entlastung der Ortskerne zu planen und zu bauen, wo sich weitere Betriebe, Einkaufs- und Logistikzentren ansiedeln. Gleichzeitig beklagt man die Verödung der Ortskerne und den Verlust wohnortnaher Einkaufsmöglichkeiten.
Helfen könnte eine gezielte Förderpolitik der Regierung, ein Führen am „goldenen Zügel“: Kein Geld für edle Ortskernsanierungen, wenn gleichzeitig am Ortsrand der globalisierte Einzelhandel angesiedelt wird und so die gewünschte Revitalisierung ab absurdum geführt ist.
Das gelänge durch eine intelligente Nutzung des vorhandenen Bestandes auch mit Hilfe der allgegenwärtigen Digitalisierung. Auch für das Gewerbe wäre mit etwas mehr Kreativität eine Innenentwicklung möglich, wenn Kommunen innerörtliche Brachen und nicht mehr benötigte Gewerbeflächen an den Ortsrändern gezielt aktivieren würden. Selbst die Konsumenten können einen aktiven Beitrag gegen den Flächenfraß leisten, indem sie vermehrt regionale und lokale Anbieter und Handwerker fördern: Wenn sie wohnungsnah einkaufen statt über das Internet Waren zu bestellen. Dann wäre auch der Frachtverkehr von und zu den Logistikzentren hinfällig, für dessen Infrastruktur wiederum Boden versiegelt wird.
Einseitiges Schielen auf sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen verhindert intelligente interkommunale Lösungen und damit eine mögliche Reduzierung des Flächenfraßes. Durch das neue LEP – von manchen auch als „Landeszerrüttungsplan“ bezeichnet – wird die Zersiedelung unserer Heimat eher angeheizt als eingedämmt. Dass dies ausgerechnet der bayerische Heimatminister zu verantworten hat, ist die besondere Pointe der Geschichte.
Helmut Wartner