Auf dem Spielplatz in Johannesbrunn herrscht reges Leben. Kleine und größere Kinder tollen auf den hölzernen Geräten und Bauten herum, Mütter und Väter plaudern oder picknicken an den verstreuten Sitzgruppen, in den Kinderwägen liegen brabbelnd die Kleinsten. Mit dem 2009 eingeweihten Spielplatz neben der Pfarrkirche hat sich der Ort Johannesbrunn eine neue Mitte geschaffen. Es brauchte dazu keine Millionen aus öffentlichen Fördertöpfen, keinen Stararchitekten, keine Riesenchristus- oder Konzerthaus-Hybris aus der elitären Geisteswelt selbsternannter Kulturbotschafter. Der kreative Kopf des Projektes ist der seit 2010 ortsansässige Bildhauer Örni Poschmann. Mitgewirkt aber haben sie alle, die jungen Familien, Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde. Sie waren von Beginn an in den kreativen Prozess eingebunden, durften den Platz selbst – ideell und materiell – mitgestalten. So kann es auch gehen. Gemeinsam, alle zusammen.
Szenenwechsel. Ich bin zu Gast in der neuen Heimstatt des Künstlers und seiner Familie, einer alten Hofstelle am Ortsrand von Johannesbrunn. 2010 hat es sie von Wendeldorf bei Aham, wo sie seit 1996 wohnten, hierher verschlagen. Der Bildhauer führt mich durch das neu erbaute Atelierhaus im Garten hinter dem Hof, wo er neben einer großzügigen Werkhalle und mehreren Arbeitsräumen auch Schlaf- und Gemeinschaftsräume eingerichtet hat. Der Bau soll nicht nur ihm und seiner Frau, der Künstlerin Judith Lipfert, als Atelier dienen, sondern zugleich Freunden, Künstlern und Handwerkern eine Wohn- und Werkstätte sein. Momentan sind zwei Handwerksgesellen auf der Walz zu Gast. Der eine sitzt gerade in der Stube, hilft Poschmanns Ältestem bei den Hausaufgaben, der andere sonnt sich draußen auf der Türschwelle. Demnächst werden weitere eintreffen, um für einige Tage gemeinsam im Atelierhaus zu wohnen und zu arbeiten.
Die Eingangs-Szenerie, die ich vorfinde, ist bezeichnend für Poschmann: als Mensch, aber auch als Künstler. Er selbst versteht sich mehr als Handwerker. Auch das Atelierhaus ist sein Werk. 1965 in Berlin geboren, machte er von 1986 bis 1989 eine Bildhauerlehre. Es schlossen sich Wanderjahre im In- und Ausland an, die 1992 bis 1994 in eine Zimmererlehre mündeten. Noch heute pflegt er regen Kontakt zu den Handwerksgesellen von damals. Das Haus der Familie Lipfert-Poschmann ist ein offenes Haus.
Diese Haltung setzt sich im Werk fort. Denn Kunst ist bei Poschmann vor allem Mittel und Ausdruck von Kommunikation. Bei vielen Holzobjekten für den öffentlichen Raum steht das spielerische Gemeinschaftserlebnis im Vordergrund. Auf einem großen Mühlespiel bilden die Kinder selbst die Mühlensteine. Aus der Interaktion im Spiel entsteht Gruppendynamik; soziales Erleben und Erlernen wird auf diese Weise gefördert. Dasselbe gilt auch für andere Spielobjekte, wie sie Poschmann mittlerweile für viele Auftraggeber – häufig Kindergärten und Horte – geschaffen hat: die offene Kaufladentheke ebenso wie der Schlangenturm, der anhand von Tierskulpturen den Naturkreislauf veranschaulicht. Gäbe es für Bildende Kunst ähnlich wie für Filme das Prädikat „besonders wertvoll“, Poschmanns Werke hätten es verdient.
All das zeigt uns, dass die Kunst von Örni Poschmann nicht für sich alleine stehen will. Ihr Werden ist kein isolierter Akt im Atelier; ihr Sein braucht die Umgebung, die Natur und den Menschen als Resonanzraum. Und wenn sie wie beim Johannesbrunner Spielplatz konkret gemeinschaftsstiftend wirkt, findet dieser Wesenszug seine ideale Erfüllung. Und unsere Welt ist um einen heimatlichen Ort reicher geworden.
Philipp Ortmeier