„Spiel mit“ heißt die Kinderbeilage der Zeitschrift „Familie & Co“. Basteltipps, Rätsel, Spiele und Erstlesetexte regen den Nachwuchs auf vielfältige Weise dazu an, selbst aktiv zu werden. Dass man Medien in dieser Weise bei der Kindererziehung einsetzen kann, ist längst ein alter Hut – die Vorgängerzeitschrift „Spielen und Lernen“ gab es seit 1968.
Wie ist das aber mit den Erwachsenen? Hat man nicht irgendwann einmal beigebracht bekommen, bestimmte Dinge besser den Profis zu überlassen? Zum Beispiel klassische Musik akademisch gebildeten Musikern? Wir haben gelernt, uns in die stille Rolle des Zuhörers zu begeben, während vor unseren Augen und Ohren eine professionelle Darbietung über die Bühne geht. Das ist natürlich (mal mehr, mal weniger) reizvoll. Aber bekommt man da nicht doch manchmal Lust, es selbst auszuprobieren?
Da trifft es sich gut, dass der Klassikbetrieb derzeit offenbar den Laienmusiker neu entdeckt. Schon seit vielen Jahren gehört es zum guten Ton, ein Festival nicht nur mit internationalen Größen zu bestücken, sondern auch Kräfte aus der Region zu berücksichtigen. Zudem lockt man gerne mit interaktiven Zusatzangeboten wie Workshops und Meisterkursen oder lädt zum Blick und Gespräch hinter die Kulissen.
Neuerdings aber wird der Otto-Normal-Bürger sogar als unmittelbar Mitwirkender angesprochen. So riefen die Passauer Festspiele „Europäische Wochen“ im Frühjahr 2017 dazu auf, bei einem Festspielchor mitzusingen. Der konstituierte sich schließlich aus vielen interessierten BürgerInnen, und gemeinsam mit dem Neuen Orchester aus Köln unter Dirigent Christoph Spering stemmte man den finalen Chorsatz der Neunten Symphonie von Beethoven – die „Ode an die Freude“.
Das erwies sich in mehrerlei Hinsicht als geschickter Schachzug: Denn nicht nur war das Ergebnis durchaus hörenswert und man genoss die Freude an der gemeinsamen Sache, sondern es wurde zugleich bei allen die Identifikation gestärkt: Die Mitwirkenden aus der Region fühlen sich „ihrem“ Festival verbunden.
So wirklich neu ist das ja übrigens auch nicht. In der Volksmusikszene pflegt man – gleichsam als Absetzbewegung zur medialen Kommerzialisierung – seit Jahrzehnten das gemeinsame Tanzen, Singen und Musizieren: auf Tanzbällen und Brauchfesten, in Singstunden und Seminaren, auf dem Dorfplatz, in der Kirche oder im Wirtshaus. Nicht von ungefähr titelt eine Veranstaltungsreihe beim Kulturreferat des Bezirks Niederbayern einladend: „Spiel mit!“
Philipp Ortmeier