Alle Jahre wieder hört man vielerorts Beschweren, ja, mehrnoch, sogar Gejammer. Also nein, diesmal wars wirklich zu viel! Immer diese Völlerei an den Weihnachtsfeiertagen! Sorgen, die der Großteil der Bevölkerung in früheren Zeiten weniger gekannt hat. Denn üppige Fleischspeisen wie Braten kamen, wenn überhaupt, nur sonntags auf den Tisch. Das neue Jahr mit dem Gefühl, sich überfressen zu haben, zu beginnen, ist schon ironisch, wenn man bedenkt, dass die Adventszeit eigentlich eine Fastenzeit ist. Dies schlägt sich in vielen traditionellen Weihnachtsspeisen nieder. Weil Fisch den Fastenregeln nach nicht verboten war, etablierte sich der Brauch des Weihnachtskarpfen-Essens. Wo die Teichwirtschaft eine lange Tradition hat und die Kulturlandschaft prägt, nämlich insbesondere in Franken und der Oberpfalz, erfreut sich dieses Weihnachtsessen besonderer Popularität.

Deutschlandweit ist Kartoffelsalat mit Würsten unangefochten die beliebteste Weihnachtsspeise. In Niederbayern ist das Weihnachtsessen noch heute vielerorts von der ursprünglich bäuerlichen Mettenwurst-Tradition geprägt. Da nach der Christmette das Fasten beim Weihnachtsessen gebrochen werden durfte, konnte nun wieder Fleisch aufgetischt werden. Viele Bauern mästeten hierfür das Jahr über ein Schwein, das in den Tagen vor Weihnachten geschlachtet wurde. Das Tier extra für diesen Anlass auserkorene Tier nannte man entsprechend „Weihnachter“ oder auch „Mettensau“. Das Weihnachtsmahl bestand aus Leberwürsten und Blunzen (Blutwürsten), die zusammen mit Brot und Kraut gegessen wurden. Letzteres war in einem Haushalt mit „Drei-Fassl-Wirtschaft“ (Herbstmilch, Kraut und Gselchtes) eh vorhanden. In den heutigen Zeiten prall gefüllter Supermärkte, ist Kraut nicht mehr zwingend fester Bestandteil der Grundversorgung und wird vermutlich mehr wertgeschätzt als in früheren Zeiten. Ein Küchenzettel der Dienerschaft von Schloß Schleißheim aus dem Jahr 1618 listet sage und schreibe vierzehnmal pro Woche Kraut mit wechselnden Knödeln auf und lässt vermuten, dass damals nur die wenigsten in Jubel ausgebrochen sind, wenn es wieder einmal Kraut gab.

Als krautlose Alternative können die Würste auch zu einer gehaltvollen Mettensuppe verarbeitet werden. Erna Horn, die Expertin für historische Kochbücher, berichtet davon, dass im Bayerischen Wald vor der Mettensuppe oder auch statt dieser „Kolatzer“ gegessen wurden. Es hat sich hierbei um ein einfaches Sauerteig-Früchtebrot aus Roggenmehl und eingeweichten Kletzen gehandelt.

Mit der Weihnachtsspeise ging zudem oftmals der Brauch einher, einen zusätzlichen Teller für einen Verstorbenen herzurichten, der unberührt blieb und am nächsten Tag einem Armen geschenkt wurde. Den Verdacht, dass es beim Weihnachtsessen deshalb sehr andächtig zuging, können historische Quellen dagegen entkräftigen. So schreibt der Aufklärer und Sprachwissenschaftler Andreas Zaupser 1789 in der Nachlese zu seinem baierischen und oberpfälzerischen Idiotikon (=Wörterbuch) Folgendes: „Am Christtage nach der Metten ist bey gemeinen Leuten die Gewohnheit, sich bey Würsten und etwas Bier lustig zu machen. Dieses nennt man die Mettenwurst essen.“ Das klingt doch nach einem schönen Festessen.

Bleibt nur noch eine Frage: Was gibt es an Weihnachten zu essen?

 

LS