In Sichtweite der Wallfahrtskirche Maria Hilf steht der Rest eines einst stolzen Naturdenkmals in der Feldflur. Benannt nach dem Begründer der Wallfahrt im Jahr 1686, dem Kaminkehrer Donatus Orelli aus dem Tessin, erblickte sie vor rund 200 Jahren das Licht der Welt und heißt deshalb heute Donatus-Linde.
Noch 2014 erfasste der damalige Baumkontrolleur den Baum mit folgenden Daten: mäßige Vitalität, Stammumfang 478 cm, Höhe 19,5 m und Kronenradien zwischen 6,2 und 10,8 m. Schon damals wütete der gefährliche Brandkrustenpilz, der mit seinem geschlossenen Faulherd die Standfestigkeit erheblich einschränkte und deshalb zu drastischen Maßnahmen zwang: die Einkürzung der Krone um 30 % und Erneuerung der z.T. gerissenen Hohltauseile. Und zu den Zukunftschancen vermerkte der Gutachter: „befristet, Verbleibedauer: max. 8-10 Jahre.“ Zwei Jahre später konstatierte eine Pressemitteilung des Landratsamtes: „Paradoxerweise sieht man einem Baum aus der Distanz nicht an, dass er von dem Pilz befallen ist…Die Schädigung des Wurzelwerks führt über kurz oder lang dazu, dass der Baum…von einem starken Wind umgeworfen werden kann.“
Aber warum kam es überhaupt zu diesem Pilzbefall? Hier äußert der Kreisgartenfachberater des Landratsamtes eine plausible Vermutung: „Der Grund für den Befall dürften […] Verletzungen der Wurzeln der Linde sein, die ihr vor Jahrzehnten beim Bau einer Wasserleitung zugefügt worden sind.“ Da fragt sich der erstaunte Betrachter, warum in aller Welt musste die Wasserleitung, die noch heute an zwei Schieberkappen in Stammnähe und großzügigen Asphalteinfassungen erkennbar ist, direkt neben dem Baum verlaufen? Immerhin zwingt ein massives Rohr für die Hinweistafel der Wasserleitung den ackernden Landwirt zu einem Minimalabstand bei der Feldbewirtschaftung.
Doch der alte Baum scheint angesichts der munteren Stockausschläge gegenüber der Ruhebank durchaus noch Lebensgeister zu besitzen. Vielleicht wurmt es ihn, dass die Stadt ihm den Status als Naturdenkmal aus dem Jahr 1950 inzwischen aberkannt hat. Oder die gegenüber 2016 gepflanzte mit 5 m halb so hohe geschwisterliche Winter-Linde des SPD-Ortsverbandes weckt ihren sportlichen Ehrgeiz? Auch die Feuerwehr Vilsbiburg errichtete 2019 zur 150-Jahr-Feier ein Granit-Marterl an diesem heiligen Ort nahe der Wallfahrtskirche, an dem zahlreiche Vögel und Fledermausarten ihre Schlaf-, Ruhe- und Brutplätze im morschen Gebälk der Donatus-Linde finden. Und so dem Namensgeber als „dem von Gott Geschenkten“ alle Ehre machen. Dieses Naturdenkmal zeigt exemplarisch, dass auch alles geschützte Leben endlich ist und es unsere Aufgabe ist, ständig für angemessenen Nachwuchs und fachliche Begleitung zu sorgen. Oder wie der alte bairische Spruch sagt: „Von nix kommt nix.“
Helmut Wartner
Foto: Helmut Wartner