Ländliche Kommunen haben mit Abwanderung und Überalterung zu kämpfen – auch in Niederbayern. Sinkende Einwohnerzahlen, aber auch überhöhte Mieten haben oftmals Leerstände in der Ortsmitte zur Folge. Dies wiederum fördert deren Attraktivität keinesfalls, sondern strahlt eher Tristesse aus. Ein Teufelskreis?

Fest steht: Gelingt es, leerstehende Gebäude zu revitalisieren, hebt dies die Lebensqualität vor Ort. Doch gerade bei sanierungsbedürftigen Gebäuden ist eine Neubelegung mit viel Geld, Aufwand und zeitintensiver Planung verbunden. Eine attraktive Lösung – zumindest mittelfristig – kann in einer Zwischennutzung liegen. Mit kulturellen Inhalten befüllt, bietet sie nicht nur Kreativschaffenden Raum für ihre Ideen, sondern hat für Eigentümer und Immobiliengesellschaften auch imagesteigernde Wirkung und verschafft ihnen Zeit, die Sanierung in aller Ruhe anzugehen.

Die temporäre Erscheinung fordert von den kreativen Nutzern, aus der befristeten Zeit so viel wie möglich herauszuholen. Dies hat durchaus positive Auswirkungen: Man improvisiert, öffnet sich für Vernetzungen, lässt auch Flüchtiges zu. So werden ehemalige Supermärkte und Fabrikräume zu Experimentierräumen. Die bei Zwischennutzungen üblichen geringen Mieten eröffnen die Möglichkeit, neue Ideen ohne großes finanzielles Risiko auszuprobieren.

Gelungene Beispiele aus der regionalen Praxis gibt es bereits: In Landshut wurde ein ehemaliger Norma-Supermarkt für einige Jahre zur Produzentengalerie. Ein Zusammenschluss bildender Künstler nutzte die Räumlichkeiten als Atelier und stellte sie zugleich als Ausstellungs- und Konzertraum zur Verfügung. Große Fensterflächen boten Einblick ins Geschehen und luden trotz des leicht maroden Charmes des Gebäudes ins Innere ein.

Nachdem die Gemeinde Salzweg mit dem Wegfall zweier Supermärkte und eines Lagerhauses strukturelle Eingriffe erfahren und zugleich zahlreiche Asylbewerber aufgenommen hatte, wurde ein ehemaliger Edeka-Supermarkt in einen Bürgertreffpunkt umgewandelt. Geringer Einsatz unter Teilnahme der Bevölkerung entfaltete große Wirkung: Binnen weniger Tage wurde eine temporäre Nutzung als Veranstaltungs- und Ausstellungsraum sowie als Bürgerforum ermöglicht. Zudem wird dort mit Unterstützung der örtlichen Asylbewerber ehrenamtlich ein Café betrieben, das sich als Begegnungsstätte verdient macht. Die Fassade erhielt einen Teilanstrich mit weithin sichtbarem Logo des Projekts. Und ein lokaler Schreiner fertigte stilvolle Möbel, so dass das ansonsten baulich unveränderte Objekt merklich aufgewertet wurde und Präsenz im Ort zeigt.

Zu einem großflächigen Austausch zwischen Kreativen lädt derzeit das Projekt „SP CE“ in der Alten Akademie München ein: Das Objekt mitten in der Fußgängerzone, einst Jesuitenkloster, bietet in einer Zwischennutzung bis Ende Mai 2019 Kreativen aus den Bereichen Musik, Literatur, Film, Kunst, Architektur, Design und Software/Games die Möglichkeit, Kooperationen einzugehen, sich vor Ort zu vernetzen und kurzzeitige Kreativräume zu schaffen. Auch niederbayerische Künstler erhalten über die Initiative „Silicon Vilstal“ die Möglichkeit, sich dort mit Ausstellungen und Aktionen zu präsentieren.

Zwischennutzung überzeugt: Sie macht kreative Aktivitäten sichtbar, bietet Raum für unkonventionelle Entfaltung, ist außergewöhnlicher Anziehungspunkt für die Bürgerschaft und gibt verlassenen Gebäuden ihre positive Ausstrahlung zurück. Politik und Ortsplanung können ihren Beitrag leisten, indem sie als Mittler zwischen Immobilienbesitzern und Kreativen fungieren und Konzepte zur Ansiedlung von Künstlern und Kreativen entwerfen.

VK
(Foto: Paul Keglmaier)